Wurzelgeflecht
“Und ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein.”
(Joh 10,16, Elberfelder Übersetzung)
Es weihnachtet langsam wieder. Letzte Woche setzte der erste Schnellfall ein. Ich schaute aus dem Fenster und sah wie draussen einige erste Schneeflocken noch etwas regenschwer nach unten plumpsten. Es schaute so aus, als versuchten sie eine Balance zwischen der Schwere des Regenwassers und der ursprünglichen Leichtigkeit ihrer Eiskristalle zu finden. Im diesem Moment schien noch das das Regenwasser die Oberhand zu haben.
Mir geht es derzeit ähnlich wie diesen ersten Schneeflocken. Es erweckt den Eindruck, als wolle mir das Regenwasser diverser Krisen sämtliche Leichtigkeit des Alltags rauben. Schaue ich in die Welt, so scheint es mir geradezu absurd Lichterketten zu dekorieren, Kekse zu backen und dabei meine friedliche Dezembermusik (wie ich sie immer nenne) zu hören.
Aber vielleicht gerade jetzt! Vielleicht gerade jetzt, um zur Ruhe zu kommen und zwischen Plätzchenteig und “Let it snow” mit Jesus das Gespräch zu suchen.
Ich liebe den Dezember. Das hat sich auch nicht geändert, nachdem ich vor etlichen Jahren gewissen Traditionen ein Stück weit auf den Grund gegangen bin. Ich bin dankbar, das Jesus mich damals herausfordert hat, in unserer christlichen Geschichte zu forschen. So fand ich heraus das unsere Wurzeln viel tiefer reichen als die eines Weihnachtsbaumes oder Osterzweiges.
Obwohl ich mittlerweile zig Bücher über dieses Thema gelesen habe – über die Festen des Herrn, dem Tanach und auch den Tanach selber, obwohl ich Gemeinde on-und offline besuch(t)e, die die Feste des Herrn zelebrieren, rede ich wenig darüber.
Ok, vor einigen Jahren, als meine “Bibelforschungen” begannen, habe ich in dem Blogbeitrag „(K)ein Weihnachtspost“ (https://meinsommerzimmer.de/kein-weihnachtspost ) etwas darüber geschrieben.
Auch daraus, das bei mir zu bestimmten Zeiten immer wieder mal die Menora brennt, ich am Freitag Abend gerne meine Kerzen anzünde, ein „Shabbat Shalom“ wünsche und mich auch schon erfolgreich an ein Challah gewagt habe, mache ich kein Geheimnis.
Im 1 Thessalonicherbrief heißt es:
“Prüft aber alles, das Gute haltet fest!”
(1.Thessalonicher 5,21, Elberfelder Übersetzung)
Ja, ich habe geprüft, gleichwohl behalte ich tatsächlich immer „das Gute“?
Bisher “behalte” ich einige Bräuche (erstmal) ausschließlich in meinem Herzen, andere wiederum bereichern immer wieder auch unseren Tisch. Ich berichte wenig darüber, da ich mich zum einen weder für eine Expertin im Wissen noch in der Umsetzung dieser biblischen Schätze halte. Zum anderen stelle ich bei mir fest, wie sehr ich doch von unseren kulturellen Traditionen, die ich in dieser Zeit als ich diesen Weihnachtspost schrieb unter die Lupe nahm, geprägt bin.
Gerade durch die jüngsten Ereignisse in Israel denke ich wieder in besonderer Weise an meine christlichen Wurzeln.
Ich bin ein Mensch!
Ein Mensch, der von seinen Eltern – Gott hab Dank – mit vielen guten Werten, Mitgefühl und Empathie erzogen wurde. Schon allein deswegen erschüttert mich sämtliche Gewalt, Terror und Krieg auf der Welt. Egal ob in der Ukraine, in Israel oder sonst wo auf der Welt. All diese Dinge haben immer Auswirkungen auf uns alle – sei es wirtschaftlicher oder auch politischer Natur.
Ich bin eine Christin!
Ein Mensch der Jesus mal mehr und mal weniger „elegant“ nachstolpert. Israel fand ich immer schon faszinierend und ich hätte es liebend gerne schon mal in der Vergangenheit besucht. Durch die Auseinandersetzung mit unseren tiefen Wurzeln ist mir Israel mit den Jahren noch wichtiger geworden. So erkannte ich, das die Situation in Israel noch eine Auswirkung beinhaltet, die weitreichender ist, als wir es uns „rein menschlich“ vorstellen können.
Und wegen all dem fühle eben nicht ausschließlich für sämtliche Menschen, denen gerade furchtbares passiert (was alleine schon tragisch genug ist), sondern zudem für Menschen, die wie Gott sie nennt sein „Augapfel“ sind (siehe zum Beispiel Sacharia 2,12). Es ist sein Volk, angefangen mit Abraham, mit dem er Geschichte schreibt und durch die er auch immer wieder wirkt.
In 1 Mose 12, 1 – 3 lesen wir von seinem Segensbund mit Mose und auch das wir alle Teil des Segens und der dazugehörigen Geschichte, die Gott mit Abraham schrieb, sind.
“Haus deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde! Und ich will dich zu einer großen Nation machen, und ich will dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein! Und ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde!”
(1 Mose 12, 1 -3, Elberfelder Übersetzung)
In diesem Volk finde ich die Wurzeln meines Glaubens. Im Römerbrief finden wir noch mehr zu dieser besonderen “Gartenkunde Gottes”.
Denn wenn du aus dem von Natur wilden Ölbaum herausgeschnitten und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, wie viel mehr werden diese, die natürlichen ⟨Zweige⟩, in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden!
Römer 11, 24, Elberfelder Übersetzung
Wenn wir uns für ein Leben mit Jesus entscheiden, werden wir von Gott in sein wunderbares lebensspendendes Wurzelwerk “eingepfropft”. Und diese Wurzeln hat Gott nie gekappt. Das waren Menschen, die die Gartenschere anlegten, und das schon sehr früh in der Geschichte.
Es lohnt sich wirklich nach diesen Wurzeln zu graben.
Während ich diesen Beitrag schrieb musste ich daran denken, wie Jesus seinen Jüngern von Kriegen, Hungernöten, Seuchen und vielem mehr hier auf Erden berichtet. So zu finden, beispielsweise im Lukasevangelium:
“Wenn ihr aber von Kriegen und Empörungen hören werdet, so erschreckt nicht! Denn dies muss vorher geschehen, aber das Ende ist nicht sogleich da. Dann sprach er zu ihnen: Es wird sich Nation gegen Nation erheben und Königreich gegen Königreich; und es werden große Erdbeben sein und an verschiedenen Orten Hungersnöte und Seuchen; auch Schrecknisse und große Zeichen vom Himmel wird es geben.“
(Lukas 21, 9-11, Elberfelder Übersetzung)
Seine Rede geht noch weiter und schildert das ganze Grauen, was sich auf der Erde ereignet wird. Er endet mit den Worten:
“Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so blickt auf und hebt eure Häupter empor, weil eure Erlösung naht.“
(Lukas 21, 28, Elberfelder Übersetzng)
Daran möchte ich festhalten!
Das fängt im Kleinklein meines Lebens an und geht weit über das sichtbare Große hier auf Erden hinaus.
Ich verstehe vieles nicht von dem, was in unserer großen Welt, in meiner kleinen und erst recht nicht in der darüber hinaus vor sich geht. Ich verstehe nicht, wieso manche Wege bis zur Vollendung so schwer und oft auch so grausam sein müssen.
Was ich weiß ist, das ich zu einer Herde gehört, die genau einen Hirten hat, der mich sieht!
Jesus!
Ich sage und bete, besonders in letzter Zeit wieder vermehrt, die folgenden zwei Worte:
„Wohin sonst?“
Oder wie ein Freund kürzlich formulierte: „Ich vertraue lieber einen Gott, den ich manchmal nicht verstehe, als ohne ihn zu leben!“
Amen!
Gott segne euch!
Herzlichst, Sandra