30 Sommer

30 Sommer

(Ich erwähne diese Bücher aus freien Stücken (ohne Produktsponsoring oder dergl.) in meinen Post.) 

Ich habe nun zum gefühlt zehnten Male alles wieder gelöscht. Erst auf Instagram und dann auch hier. Mich quält in letzter Zeit sehr oft die Frage “Wozu?”. Immerhin “Wozu?” und nicht “Warum?”, denn wie ich in der Individualpsychologie von Adler lernte frage ich hier nach der Finalität des Handeln. Ich richte mich damit zukunftsweisend aus. Also WOZU möchte ich hier in meinem Blogeckchen oder in Instahausen diesen und jenen Gedanken mit euch teilen bzw. auch nicht? Genauso wie es unterschiedliche Motivationen gibt, etwas mit der Öffentlichkeit zu teilen, so gibt es verschiedene Gründe Gedanken, Erkenntnisse oder auch Erlebnisse nicht (auf einer Onlineplattform) teilen zu wollen. Hängt das stupide Hämmern auf die Löschtaste mit alten Glaubenssätzen zusammen wie etwa “Ach was ich zu sagen habe interessiert eh keinen!”, dann ist das ohne Zweifel der falsche Antreiber NICHT zu schreiben. Es gibt jedoch auch einen anderen, wie ich finde sehr interessanten Ansatz, Dinge auch einmal ungesagt zu lassen. Besonders in unserer jetzigen Zeit, wo wir der Welt täglich unsere Haustüre öffnen oder unser Zuhause im übertragenen Sinne wie Konfetti draussen verstreuen. Diesen Gedanken fand ich in dem Buch von Marie Luise Ritter “Vom Glück allein zu sein – Wie wir die Zeit mit uns selbst genießen können.” Da schreibt sie:

“Allein sauge ich diesen Tag auf wie ein Schwamm, ohne meine Gedanken direkt wieder nach draussen zu entlassen. Ich kann sie ganz für mich behalten.”

(aus dem Buch von Marie Luise Ritter “Vom Glück allein zu sein – Wie wir die Zeit mit uns selbst genießen können.”, 5. Aufl. 2023, Piper Verlag)

Es kann auch wohltuend sein etwas Schönes, etwas was ich erlebt oder gefühlt habe, ganz für mich zu behalten. Dann bleibt es etwas, was nur für mich alleine ist.

Ihr merkt, ich habe mich entschlossen diesmal nicht wie wild auf die Endfernentaste zu pochen. Ich möchte mal wieder ein paar meiner Gedanken mit euch teilen. Genau genommen möchte ich nicht ausschließlich meine Gedanken, sondern auch die anderer Menschen mit euch teilen. Seit Wochen stapeln sich bei mir diverse Bücher. In jedem liegen kleine Zettelchen mit Sätzen oder Impulsen, die mich persönlich in diesen Büchern ansprachen. Ich kann kaum ein Buch ohne Stift und Papier oder gelegentlich auch einen Textmarker lesen. Liegt vielleicht auch an meinem Beruf der “Assistentin an Bibliotheken”, das ich auf meine ganz besondere Weise in die Bücherwelt eintauche.

Was sind das für Bücher? Ich finde es schwer sie einem Überbegriff zuzuordnen. Vielleicht im weitesten Sinne Bücher, die mich (nochmal) drauf hinweisen, was wirklich zählt im Leben. Sie laden ein, das eigene Leben, den Alltag mit seinen Routinen und Strukturen zu begutachten. Und die mich außerdem noch vor der einen oder anderen Challenge stellen, etwas Neues zu wagen.

“Jetzt saß ich auf diesem Hof und sortierte Kartoffeln. Vor mir lagen noch 25 Sommer, wie Karl es am See so bildhaft auf den Punkt gebracht hatte. Irgendwann ist immer jetzt.”

(aus dem Buch von Stephan Schäfer, “25 letzte Sommer”, 2024 Ullstein Buchverlage GmbH)

So schreibt Stephan Schäfer in seinem ersten Buch “25 letzte Sommer” .

Ich setze mich quasi mit an diesen Tisch eines alten Bauernhauses, wo zwei Menschen aufeinander treffen, die sich an total unterschiedlicher Stelle im Leben treffen. Da ist der Erzähler des Buches, der im gesteckten Galopp durchs Leben hetzt und Karl, der nachdenkt und dabei Kartoffeln sortiert. Und er ist es auch, der dem Besucher viele tiefsinnige Fragen stellt und mit der Aussage das ihm noch ca. 25 Sommer bleiben zum Nachdenken bringt.

Mich auch. Bei mir sind es übrigens rein statistisch noch 30 Sommer. Und auch wenn sich meine Herausforderungen doch von denen des Erzählers unterscheiden, fühlte ich mich sofort davon angesprochen, als er Karls Frage verneinte.

Nein, er sei nicht aus dem Bett sondern “aus dem Leben” gefallen.

“Manchmal verliert man wohl aus den Augen, was einem guttut” sagt Karl. Das trifft so nicht ganz auf mich zu. Ich weiß mittlerweile was mir so alles gut tut und habe mir in vielerlei Hinsicht hilfreiche Routinen zugelegt. Als vielseitig Interessierte habe ich eher damit zu kämpfen mich bei gewissen Dingen – etwa Projekten – zu entscheiden, oder wenigstens mal eine sinnvolle Reihenfolge festzulegen. Und das ganze dann wiederum so in den Alltag zwischen Haus, Hof, Hund (meine drei H’s wie ich sie nenne) und Betreuerin meiner dementen Mutter einzubauen, das es Freude macht und nicht zu einem (weiteren) Stressfaktor mutiert. Für mich als “Care- & Homemakerin” (klingt so viel schöner als Hausfrau ;-))gibt es kaum “von außen” geregelte Arbeitszeiten, keinen offiziellen Dienstschluss, Wochenende oder gar fester Urlaub. Dafür gibt es immer etwas zu tun. Gerade deshalb braucht der Alltag Strukturen, damit dem Körper und auch der Seele klare Ruhe- oder Freizeiten eingeräumt werden.

Wie schaut denn jetzt meine momentane Struktur (wenigstens auf dem Papier) aus? Schon vor vielen Jahren habe mein Zeit in folgende Hauptbereiche geteilt:

Selbstfürsorge ( wird auch gerne Me-Time genannt), Projekte (egal ob einfach so, ehrenamtlich oder beruflich), alltägliche Aufgaben (Care- & Homemaking) , Herzzeit (Beziehungen leben).

Und was hier so übersichtlich daher kommt, füllt sich Ruckzuck mit Unterpunkten, die mir allesamt wichtig sind bzw. im Haushalt auch nötig sind – und zack – die Woche ist um. Gerade weil der Punkt “alltägliche Aufgaben” sehr gefüllt ist mit besagten Homemaking und auch weil ich mich nicht entscheiden kann welche Projekte ich tun oder lassen möchte. Und dennoch, oder gerade deshalb ist es ebenso wichtig etwas im Leben zu haben, was unsere Seele sättigt.

Beim Weiterlesen nahm ich wahr, das Karl wohl auch das Problem mit den vielen Interessen hatte. Das macht mir Mut, das es für mich auch einen Weg geben wird gerade im Bereich “Projekte” Prioritäten zu setzen.

“Ich wusste irgendwann, dass ich mich auf das Wesentliche konzentrieren sollte, auf eine Sache, die mich wirklich interessiert, die mir Freude macht und die ich verstehe. Eine Sache, die keinem Zeitgeist unterliegt, die nicht heute gewollt und morgen wieder weg ist, von der ich bescheiden, aber sicher leben kann. Tja, so kam ich auf die Kartoffel.”

(aus dem Buch von Stephan Schäfer, “25 letzte Sommer”, 2024 Ullstein Buchverlage GmbH)

Ich stehe jetzt an dem Punkt “eine andere Form von Lebensart”, wie Karl das nennt, zu gestalten. Und irgendwie möchte ich wieder ein etwas größeres sinngebendes Projekt angehen. Oder eins meiner kleinen Projekte “größer machen”. An Ideen mangelt es mir nicht! Neben den Dingen, die beispielsweise schon angefangen auf dem Computer liegen, reihen sich noch einige weitere Ideen zur Aus- oder Fortbildung ein.

Ich bin mir sicher, ich werde auch noch “meine Kartoffel” finden bzw. mich endlich mal für eine Kartoffelsorte entscheiden. Oder ich baue 2 Sorten an, aber dann besser nacheinander ;-).

“Was gibt meinem Leben einen Sinn?”, ist eine Frage, der ich in letzter Zeit häufiger begegne.

Nicht das ich sagen würde das meine drei H’s und die Betreuung meiner Mama nicht sinngebend sind. Ich denke jedoch das sich diese Frage nach der Sinngebung im Leben durchaus im Verlauf der Jahre verändern darf. Und ich glaube die Wechseljahre, die mit ihren psychischen und physischen Herausforderungen und oft noch gepaart mit weiteren Veränderungen (etwa Empty Nest, pflegebedürftigen Eltern …) einher gehen, wecken in besonderer Weise (nochmal) zum Auf- und Umbruch.

Auf- und Umbruch – dazu gehören beherzte Schritte. Die Frage, welche Strukturen bleiben dürfen, welche sich verändern sollten und welche auch bleiben “müssen” sind die eine Sache. Sich da Klarheit zu verschaffen ist schon ein Challenge für sich alleine.

Ein weiterer spannender Schritt ist die andere Sache:

Raus aus der Routine, auch bekannt als Komfortzone, rein in die Wachstumszone.

Denn so gut auch die Alltagsstrukturen sind, sie bewahren uns nicht vor einer Eintönigkeit, die einen Tag schnell zu einer Woche machen und diese uns dann quasi über Nacht wieder verdutzt guckend vor den Supermarktregalen stellen lässt. Denn da strahlen uns plötzlich wieder die Spekulatius an. Und auch wenn diese oft schon Ende September mit der Spätsommersonne um die Wette strahlen, kann das nicht darüber hinweg täuschen das 3/4 des Jahres schon wieder um ist.

Wie Schritte aus der Komfortzone aussehen ist sicherlich bei jedem Menschen anders. Ich habe gerade das Thema gewählt, die Zeit mit mir selbst nochmal neu und im wahrsten Sinne des Wortes weitreichender zu gestalten. Genau wie Marie Luise Ritter in ihrem Buch “Vom Glück allein zu sein” beschreibt, ist es für mich zwar völlig normal über den Tag allein zu sein.

“Und damit meine ich: zu Hause. In meinen eigenen vier Wänden. … Wenn niemand Zeit hatte, blieb ich eben zu Hause. Ich hatte noch nie darüber nachgedacht, mal alleine ins Kino zu gehen, in ein Restaurant, oder – um Gottes Willen sogar allein auf eine Reise!”

(aus dem Buch von Marie Luise Ritter “Vom Glück allein zu sein – Wie wir die Zeit mit uns selbst genießen können.”, 5. Aufl. 2023, Piper Verlag)

Und war ich an Anfang noch skeptisch ob ich auch als Verheiratete Erkenntnisse mitnehmen würde, zerstreute sie meine Bedenken schon auf den Anfangsseiten:

“…vielleicht bist du selbst in einer festen Beziehung und willst dir darin nur mehr Raum für dich schaffen. Oder dich reizt es nicht, allein zu reisen und in einer Nacht allein ans Mittelmehr durchzufahren, aber du willst in deiner eigenen Stadt offener auf neue Mögllichkeiten zugehen und mal allein ein Konzert besuchen. Egal was du suchst, vielleicht wirst du dich nach dieser Lektüre bestärkt fühlen. Und vielleicht findest du es danach sogar richtig, richtig schön, dann und wann alleine zu sein. Manchmal suchen wir es uns nicht aus, allein zu sein, manchmal ist es ein Zustand, den wir für den Moment nicht ändern können. Und dann ist es doch besser, ihn zu genießen, oder? Um keine Sekunde zu verschwenden. Denk daran: Das Leben ist kein Wartezimmer.”

(aus dem Buch von Marie Luise Ritter “Vom Glück allein zu sein – Wie wir die Zeit mit uns selbst genießen können.”, 5. Aufl. 2023, Piper Verlag)

Oder wie ich einst bei Grey’s Anatomy hörte:

Das Leben ist kein Zuschauersport!

Ich glaube mit diesen Worten ist alles gesagt.

Ich habe euch zwei Bücher vorgestellt, die beide auf Ihre Weise dazu anregen, das eigene Leben (wieder) zu betrachten.

In meinem Fall bleibt das Grundgerüst mit meinen vier Hautpfeilern stehen. Darin werde ich auch mit Sicherheit einige Routinen beibehalten, andere streichen und wieder neue ausprobieren.

Es ist wahrlich nichts Falsches daran es sich mit einem Buch und einer Kuscheldecke und einem Latte Macchiao in der Komfortzone gemütlich zu machen. Gleichzeitig freue ich mich auch wörtliche oder sprichwörtliche Ausflüge in die Wachstumszone zu machen. Auch wenn es bedeutet, das ich mich mal in die Panikzone verirre.

“Siehe ich mache alles neu”, spricht uns Jesus zu

Offenbarung 21, 5 (Elberfelder Übersetzung)

Ich entscheide mich Jesus mit in meine Zonen zu nehmen. Und egal ob das auf dem Sofa mit einem guten Buch ist, beim Care- & Homemaking oder auch mal etwas kopflos in der Wachstumszone – er ist da.

In diesem Sinne auf in die nächsten Sommer.

Herzlichst Sandra

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