Die TADAAS des Lebens
Das Leben ist kurz. Zu kurz für Kompromisse. Wenn du lieben willst, liebe! Und wenn du nicht mehr glücklich bist, ändere was!
aus dem Buch “Keine halben Sachen” von Carola Holzner
Autsch… das saß jetzt aber. Bin ich etwa unglücklich? Nein, nicht wirklich. Nur was ist es dann, was mich umtreibt?
Ich glaube ich schmücke in der letzten Zeit zu viele “To-Do’s” mit zu wenig “TADAAS” im Leben.
Das geht jetzt seit einigen Wochen und Monate so. Im vorherigen Post erzählte ich euch ein wenig davon und ließ euch anschließend mit einem “Erkenntnis-Cliffhänger” am sprichwörtlichen Cliff hängen.
Mittlerweile sind einige Wochen ins Land gezogen und die Lage hat sich ehrlich gesagt nur zwischenzeitlich etwas geändert. Im Februar und März habe ich tatsächlich etwas mehr “Konfetti” in meinen Alltag gestreut.
Man fand mich in dieser Zeit wahlweise mit der Nase in Seminarunterlagen vergrabend, den Wäscheberg bezwingend, den Kochlöffel schwingend, mit dem Hund durch Wald und Wiesen galoppierend oder doch gerade mit dem Einkaufswagen durch den Laden rauschend. In meinem “Konfetti” , der Besuchshundeausbildung, habe ich die Praxis-Prüfung zusammen mit Lobo bestanden. Das erzählte ich euch ja schon im vorherigen Beitrag. Danach warteten noch einige Aufgaben auf der zugehörigen Lernplattform auf mich. Mittlerweile bin ich mit der Ausbildung fertig! Lobo und ich sind jetzt ein offizielles Besuchshundeteam. Darüber berichte ich ausführlicher in meinem nächsten Beitrag! Im Moment können wir zwei ohnehin noch nicht so richtig durchstarten. Dazu gleich mehr.
Jetzt kann und möchte ich euch nicht länger “am Cliff hängen lassen”.
Was sind es denn nun für Erkenntnisse, die ich gewonnen habe?
Wie ich im vorherigen Post am Ende noch andeutete, haben sie etwas mit dem eigenen Lebensentwurf oder dem Lebenskonzept zu tun. Sie haben damit zu tun, manche Vorstellungen aufzugeben und den Mut andere Vorstellungen endlich wahr werden zu lassen. Und sie haben auch etwas damit zu tun, das was mir im Herzen wichtig ist, endlich (wieder mehr) zu leben.
Es geht also um (m)ein Lebenskonzept.
Seit zwei meiner Kinder weiter weg gezogen sind, und ich “nur” noch zwei Männern und einem Hund (übrigens auch ein Mann äh Rüde) zu Hause beherberge, hat sich selbstredend auch mein Lebenskonzept verändert.
Das ist an und für sich klar und auch wichtig! Ich lebe als Frau Anfang 50 anders als als noch Mitte 30 als Mutter dreier minderjähriger Kinder.
Was mir kaum bewusst war, ist die Tatsache, wie still und heimlich sich mein Lebenskonzept verändert hat.
Nicht ich habe es verändert, es hat sich verändert.
Es war eher ein passiver Zustand und geschah auch nicht von heute auf morgen. Tag um Tag verging. Das alte Lebenskonzept floß mitsamt der Zeit einfach dahin …
… in ein neues Konzept. Ein Konzept, in dem ich mich jedoch nicht richtig “zu Hause” fühle.
Ich fühle mich eher so ein bisschen eingeklemmt zwischen zwei Konzepten.
Woran liegt das? Zum einen bestimmt an den eingangs erwähnten viel zu vielen “To-Do’s” und den viel zu wenigen “TADAAS”.
Wieso stehen jedoch so wenig “TADAAS” in meinem Lebenskalender? Was hält mich davon ab, mein Konzept fröhlicher zu gestalten? Das hat mehrere Gründe.
Zum einen holt mich ständig “das Leben” ein. Gerade jetzt muss ich mich noch intensiver um eine private Herausforderung kümmern, weswegen beispielsweise auch meine Überlegungen geschweige denn Umsetzungen bezüglich des Besuchshundeteams erstmal auf Sparflamme fahren.
Das “Kümmern” kommt mit vielen geplanten und leider noch mehr ungeplanten Terminen daher und streut dabei alles andere als bunten Konfetti. Ich denke in dem Zusammenhang an den Vortrag von Ronja Aselmann, den sie auf der DaCapo Konferenz im Forum Wiedenest hielt.
“Know your season”,
sagt sie und schreibt davon auch in ihrem Buch. Ich dachte ich kenne sie, meine Season, weiß was jetzt dran ist. Doch dann muss ich tiiiiiieeeeef durchatmen, denn meine Season, in der ich zum Beispiel auch meinen Blog wesentlich mehr Zeit eingeräumt hätte, kommt (wieder mal) in Schräglage. Hier heisst es zum einen zu organisieren, zum anderen leider auch, sich (wieder mal) von den eigenen Vorstellungen ein Stück weit zu trennen. Aber Achtung!!! Darin liegt auch eine Gefahr – nämlich das ich den Tag wieder mit so vielen “To-Do’s” zuballere, das ich die Aktivitäten und auch meine Pausen, die ich für meine geistige und körperliche Gesundheit brauche, vernachlässige. Ich muss da ohnehin aufpassen, denn damit sind wir schon beim zweiten Punkt, wieso ich so wenig “Tadaas” in meinem Kalender stehen habe:
Ich tue mich schwer etwas nur für mich zu tun!
Wie meine ich das? Einer der Hauptgründe liegt an meiner inneren Einstellung. Diese Vorstellungen, die ich schon als Kind vorgelebt bekommen habe und mit in die eigene Überzeugung und somit auch in die eigene Familie transferierte. Meine Eltern haben in besonderer Weise für mich gelebt – ich war ein sehr krankes Baby und (Klein)kind gewesen. Meine Mutter hat vorrangig für mich und meinen Vater gelebt, der kurze Zeit nach meiner Geburt auch noch Multipe Sklerose bekam und fortan im Rollstuhl saß und Unterstützung brauchte. Mein Vater gründete eine Selbsthilfegruppe und kümmerte sich dann noch zusätzlich intensiv um die Belange der anderen Behinderten. Rückwirkend erkenne ich, das weder mein Vater noch meine Mutter genug Zeit für die sogenannte Selbstfürsorge einräumten.
Das ist einer der Gründe, wieso ich es tatsächlich bis heute nicht gewöhnt bin ein Lebensentwurf “für mich” zu kreieren, in der genug “Me-Time” vorhanden ist. Kürzlich bei Grey’s Anatomy sprachen mich folgende Worte an, die eine Protagonistin sinngemäß von sich gab, als sie gefragt wurde, was sie sich persönlich im Leben wünsche:
“Ich habe bedeutende Fragen. Doch stellte ich sie mir bisher nicht oft, weil ich immer wieder mit den bedeutenden Fragen anderer Menschen in meinem Leben beschäftigt war.”
frei wiedergegeben aus Grey’s Anatomy
Ich habe angefangen mir vorsichtig eigenen bedeutende Fragen zu stellen. Ehrlicherweise habe ich jedoch noch nicht viele Antworten darauf gefunden. Ich empfinde es so, das gerade jetzt Anfang 50, wo ich die Zeit bräuchte, einfach keine Lücke entsteht, wo ich mir “bedeutende Fragen” stellen kann , geschweige denn Antworten darauf zu finden und diese auch noch umzusetzen. Da kommen viele Dinge zusammen, die mir hier alle aufzuzählen zu persönlich sind. Halbherzig drehe ich an der einen oder anderen Stellschraube in meinem Leben. Es fühlt sich an, als würde ich in diesem nötigen “Transformationsprozess” stecken bleiben. In ihrem Buch “Die bessere Hälfte” von Eckart von Hirschhausen und Tobias Esch wird es “Das Tal der Tränen” genannt, wo man durch muss. Nötige Tränen und Umbrüche, bis man schlussendlich da ankommt, wo man wieder in sich ruhend sagen kann: “Ich bin angekommen und glücklich!”
Letztens blieb ich auf dem Instagram-Account von Veronica Smoor hängen. “What would grandma do”. Da schreibt sie über ein nachhaltigeres Leben, gespickt “mit Granny Skills, die die Welt verändern”. (Brot backen, nähen, gärtnern, einkochen und und und ..)
Ich habe mich durch den ganzen Account – und mittlerweile sogar auch durch ihr gleichnamiges Buch – gelesen, wo sie von immer wieder von einer einfacheren Lebensweise schreibt.
Dabei sprachen mich folgende Abschnitte sehr an:
“Einfachheit darf nicht zur Dogmatik werden – gekidnappt von der Marketing- und Selfhelpindustrie – sondern erfordert von uns ein Hineinhorchen in unser eigenes Leben. Was ist realistisch? ….
Wie ich meinen Weg gehe, muss nicht dein Weg sein. Zurück zu einer einfachen Lebensweise ist ein lebenslanger Prozess, der so vielfältig und unterschiedlich ist wie unsere Lebensentwürfe. Wir gehen ihn in kleinen Schritten.
Instagram-Account: What would Grandma do, Veronika Smoor
Was verbirgt sich für mich, für mein Leben, gerade jetzt und hier hinter den Worten “einfache Lebensweise”?
Ich möchte diese Frage um noch um ein Eigenschaftswort ergänzen:
Was verbirgt sich für mich, für mein Leben, gerade jetzt und hier hinter den Worten “einfache und bewusstere Lebensweise”?
Es beinhaltet neben dem “Einfachen” auch die Tatsache sich das “Mehr” bewusster zu gönnen.
Als meine Kindern noch kleiner waren, lebte ich, lebten wir, dieses Lebenskonzept mehr. Diese natürliche Lebensweise, wo ich tatsächlich Zeit für so einige TADAAS fand. Nicht immer die Großen, wie einen Urlaub an der See oder den Bergen mit der Familie zu erleben, sondern auch und gerade die kleinen TADAAS. Es wurde häufiger Brot gebacken, ein keines Gemüsebeet angelegt, zusammen gebastelt und auch Second Hand eingekauft.
Klar, das perfekte Lebenskonzept war es auch früher nicht. Es gibt nun mal die Steuererklärung, fiese Flecken in der Wäsche und noch fiesere Rechnungen – die “To Do’s” eben. Die Mischung macht’s.
Wieso habe ich das Gefühl, mich in diesen wertvollen Dingen nicht in kleinen Schritten weiterentwickelt zu haben?
Wieso zerflossen diese TADAAS mit dem Älter werden und teilweisen Auszug der Kinder?
Zum einen, weil es sich für mich früher “lohnte”. Da waren diese begeisterungsfähigen Kinder, die mit großen Augen vor dem noch größer gewordenen Hefeteig standen, diese kleinen Hände die begeistert mit Kleber und Kinderschere hantierten. Ihre leuchtenden Augen spornten mich sehr an. Und das passte ja auch wieder mit meiner Prägung zusammen, das alles was ich tue stets einen Mehrwert für andere haben muss.
In meiner familiären Prägung ist zudem noch eine Angst verborgen. Die wurde durch die vielen menschlichen Verluste, die ich im Leben erlitten habe, genährt: Ich kann nicht richtig “loslassen” .
Das möchte ich genauer erklären. Meine Angst vorm Loslassen liegt zum einen daran, das mich schon sehr viele Menschen verlassen haben im Leben. Viele starben viel zu früh und manche gingen weg. Ich meine mit Weggehen nicht in erster Linie das räumliche Entfernen, wobei das auch ein Thema ist bei mir, denn ich nehme auch wahr, das es viel Kraft, Engagement und Zeit beiderseits bedarf Fernbeziehungen belebt zu halten. Ich meine damit, das auch Beziehungen “vor der Haustüre” einschlafen oder zerbrechen, weil wir Menschen uns wenig Zeit mehr füreinander nehmen. Vielleicht sind das auch einfach die Folgen der Coronapandemie. Ich weiß es nicht.
Es gibt aber auch noch einen weiteren Grund, weswegen ich schwer loslassen kann: Bisher habe ich mich tatsächlich bei zu Vielem gefragt, wie es in unsere gesamte Familie (oder auch zu Menschen darüber hinaus) passt. Ich ertappe mich dabei abzuwarten, wo die anderen gerade im Leben stehen und erst dann gucke ich ob meine Konzepte zu deren Konzepte passen. Ich trage diese große Sorge in mir, meine Familie und auch Freunde zu verlieren, wenn ich mehr so lebe wie ich es mir denke.
Zu guter Letzt liegt es am allgemeinen “Schiss”. Wenn man, wie ich lange Jahre unter Panikattaken litt, wird man zum Meister im Verdrängen. So bin ich Meister im Verdrängen von Veränderungen. Folglich neige ich oft dazu mich lieber mit 20 “To-Do’s” zu arrangieren als den Mut für ein TADAA aufzubringen. Auf dem Blog einer Bekannten las ich kürzlich, das es oftmals leichter ist neue Schritte nicht alleine gehen zu müssen. Sie schreibt darin:
“… sehr brauchen wir einen anderen Menschen, der uns anstupst und dazu bringt, unsere Komfortzone zu verlassen.”
Blogpost “Ja zu neuen Abenteuern (1)” Blog von Rebekka Schwaneberg
Ja, ich glaube auch, das ich mich durch den Enthusiasmus anderer motiviert fühlen könnte. Jedenfalls bei dem einen oder anderen Abendteuer welches ich im Herzen habe.
Und so fühlt(e) sich mein Lebensentwurf ziemlich löchrig an und erscheint viel zu oft wie eine Aneinanderreihung langweiliger Steuererklärungen.
In meinen Gedanken sehe ich mich immer wieder in verschiedenen Situationen. In “einfachen” Dingen wie Brot backen, im Garten Unkraut jäten – nicht weil ich es machen muss, sondern weil ich es machen darf. Und in “bewussten größeren Dingen”, wie zum Beispiel auf Mallorca in einem kleinen Café sitzend wo ich gerade die Bedienung mit meinem rudimentären Spanischkenntnissen erschrecke ;-).
Es ist mir ein Bestreben (wieder) zu einem Lebenskonzept zu finden, was mich “einfacher” und “bewusster” älter werden lässt. Ich weiß nicht, ob sich alle Gedanken, Bilder, Träume oder Ideen erfüllen lassen. Das ist glaube ich auch nicht wichtig. Wichtig ist das es stimmig ist,
das ich mich in meiner Haut und mit meinem Platz auf der Welt wohl fühle.
Es lohnt sich auch ohne leuchtende Kinderaugen in der Erde zu wühlen oder Teig zu kneten.
Es lohnt sich auch mal etwas zu tun, was nicht “zu den Lebenskonzepten anderer” passt. Vielleicht sind wir dann sogar eine Inspiration.
Es lohnt sich vielleicht auch, um eine “Transformationslücke” zu kämpfen.
Es lohnt sich mehr “TADAAS” zwischen den Steuererklärungen des Lebens zu streuen!
Ich hoffe, das dieser Blogbeitrag nicht nur euch, sondern auch mich motiviert mehr neue Schritte zu gehen – da wo es nötig und manchmal auch da wo es möglich ist. Denn, wie ich immer scherzhaft sage, wenn ich “pädagogisch wertvolle” Dinge von mir gebe: “Ich bin mir selbst der beste Kunde!”
In diesem Sinne streuen wir mal los…
Herzlichst, eure Sandra
(Sämtliche Werbung in diesem Beitrag kommt aus freien Stücken und wird nicht gesponsert)
2 Gedanken zu „Die TADAAS des Lebens“
Solche Tadaas sind wirklich Gold wert in einer Welt, in der man ständig To-do-Listen abarbeiten muss! Ich bin gerade wieder dabei und kann in den nächsten Minuten zwei weitere Punkte davon streichen! Juchu und dann endlich oder bald die Füße hochlegen!
Der ganze To-do-Stress tut mir nämlich auch nicht mehr gut! Gesundheitlich, seelisch! Morgen zwinge ich mich mal zum Arzt zu gehen, das schiebe ich schon seit Wochen vor mir her! Genau wie meine Me-Time, auf die ich mich immer freue, aber für die ich selten wirklich Zeit finde!
PS: Das Buch über Großmutters Wissen finde ich sehr interessant, das schaue ich mir auch mal näher an!
Liebe Grüße
Jana
Kann ich nach vollziehen. Meine Kinder werden dieses Jahr mit der Schule fertig und ich merke jetzt schon, wie sich mein Leben langsam ändert. LG Romy