“Old school” im Briefkasten

“Old school” im Briefkasten

So, noch eine Briefmarke drauf kleben und der letzte Kartengruß ist auch fertig. Ich griff zu einer der kleinen Boxen, in denen ich die Briefmarken aufbewahre, und entnahm ihr eine. Im Geist notierte ich „Briefmarken kaufen“, denn ich stellte fest, das ich bald neue benötigte. Als ich meine Stifte und das andere Zubehör wieder an ihre Plätze zurück räumte, musste ich lächeln. Ich dachte daran, wie die Idee, anderen Mitmenschen Postkarten zu schreiben, entstanden ist.

Es liegt schon viele Jahre zurück, da habe ich in einer christlichen Zeitschrift einen sehr inspirierenden Beitrag gelesen.

Er handelte von einer Frau, die Postkarten sammelte und sie auch teilweise selber gestaltete. Über die Jahre wurden es mehr und mehr, eine war schöner als die andere. Irgendwann kippte sie ihre große Kiste aus und verteilte die Postkarten über den gesamten Boden. Dann nahm sie eine Karte nach der anderen in ihre Hand. Was für eine Verschwendung, das diese Karten ihr Dasein in einer dunklen Box fristen.

“Du bist ein Königskind”, “Gute Besserung!”, “Der Herr segne dich!”

Als sie die Überschriften der Postkarten las, reifte in ihr eine Idee. Wäre es nicht so viel besser, diese Karten den Menschen zuzusenden, die deren Botschaften definitiv nötiger hätten, als so eine Holzkiste? Und so rüstete sie sich mit Briefmarken und schönen Stiften aus und ihr „Kartensegen“ war geboren.

Da ich Zeit meines Lebens gerne schreibe und dazu ein absoluter Beziehungsmensch bin, war ich verständlicherweise ziemlich angetan von dieser Idee. Ich zückte mein Tagebuch und verfasste einen entsprechenden Eintrag zum Thema „Kartensegen“ in selbiges. In der Lebensphase, in der ich mich damals befand, war weder Zeit noch Raum für die Umsetzung dieser Idee. Meine drei Kinder zwischen ein und acht Jahren brauchten mich und ich gestaltete einen Großteil meiner Zeit zwischen dem Frühstück und der Abendsegen für und mit den Kindern. Außerdem hatte ich eh kaum Postkarten im Haus.

Die Jahre vergingen, meine drei wunderbaren Kinder wurden selbstständiger und größer. Meine Aufgaben als Hausfrau und Mutter verlagerten sich. Es entstanden erste Freiräume, in denen mich meine Familie wieder vermehrt mit Büchern, Papier und Stiften in den Händen antrafen. In mir arbeitete es und nach einiger Zeit setzte ich erste Ideen in die Tat um. Ich richtete diesen Blog ein und fing an über das Leben in meinem „Sommerzimmer“ zu schreiben. „Alltag leben, Jesus lieben und Milchschaum löffeln“ – der Slogan bringt das Blogthema bis heute auf den Punkt.  In diesem Zuge mistete ich auch mein Bürozimmer im Obergeschoss aus. Schließlich arbeitet es sich in einem schönen und aufgeräumten Raum besser und kreativer. Kartons wurden gesichtet, Möbel von A nach B gerückt, der Schreibtisch und die Kommode bekamen frische Farbe.

Was war das denn das für eine Kiste?

Als ich sie etwas zu stürmisch öffnete kamen mir gefühlt 100 Postkarten entgegen und fielen auf den Bogen. „Gott segne dich!“, „Gute Besserung“, „Ich denk an dich!“, „Schön das es dich gibt!“…. Mir war nicht klar, das sich über die Zeit so viele Postkarten bei mir angesammelt hatten.

Kartensegen“ war das erste Wort, welches mir in den Sinn kam.

Jetzt ist die richtige Zeit, überlegte ich, als ich inmitten dieser Postkartengrüße saß.

Mit jeder weiteren Karte, die ich ansah, erschienen Freunde, Bekannte und auch Mitglieder aus meiner Gemeinde vor meinen geistigen Auge. Rosemarie würde sich mit Sicherheit über einen Segen freuen, der Bärbel könnte ich doch mal eine „Danke-schön“ senden. Sie hat mir letzte Woche doch den leckeren Kuchen für den Geburtstag gebacken. Lara ist jetzt schon so lange krank, da könnte ich doch auch…

"Old school" im Briefkasten
“Old school” im Briefkasten

In den nächsten Tagen rüstete ich mich mit Briefmarken, Stiften, einen schicken Adressbuch und anderen Hilfsmitteln aus. Dann setzte ich mich an meinen schönen Sekretär und verfasste die ersten Karten.

Unschlüssig stand ich später mit den Postkarten vor dem Briefkasten. Ganz ehrlich, ein bisschen komisch war mir schon dabei.

„Was sollen die Leute denken, wenn sie eine Postkarte ganz „old school“ im Briefkasten antreffen?

Die müssen mich doch für bescheuert halten. Gerade heutzutage, im „sozial-media-Zeitalter“, da komme ich mit so einer Karte daher.“, zögerte ich, Selbige einzuschmeißen. Dann, mit einem Ruck öffnete ich den Briefkastenschlitz und warf die Karten ein. Skeptisch öffnete ich den Einwurf ein zweites Mal und vergewisserte mich mit einem letzten prüfenden Blick, das die Karten auch wirklich nach unten in den Postsack fielen. Ist eine alte Gewohnheit von mir, die mir ein Gefühl der Sicherheit vermittelt.

Ein paar Tage später, ich faltete gerade die Wäsche, klingelte das Telefon. Festnetz, auch ganz „old school“. Rosemarie meldete ich am anderen Ende und brachte ihre Freude über diesen Kartengruß zum Ausdruck.  Eine Whatts-App von Lara… „Mensch, es ging mir so schlecht und da gehe ich an den Briefkasten und finde diese Karte darin. Vielen Dank für diese Ermutigung!“ Katja grinste mich nach dem Gottesdienst an. „Voll cool, so ‘ne Karte. Habe ich ewig nicht mehr bekommen!“, freute sie sich und strich ihre lila gefärbten Haare (letzte Woche waren sie doch noch rot, oder?) aus dem Gesicht. 

"Old school" im Briefkasten
“Old school” im Briefkasten

Ich hatte Kartensegen verschickt und dabei die Erfahrung gemacht, das „old school“ alles anderes als „out“ ist.

Mittlerweile schreibe ich seid 1,5 Jahren immer wieder mal die eine oder andere Postkarte. Geburtstagsgrüße, Ermutigungen, Grüße…wie es gerade passt und wie ich es gerade in meinem Alltag integriert bekomme. Kartensegen als Brücke zu meinem Nächsten, oder wie es auch in der Bibel so schön heißt:

Freundliche Worte sind wie Honigseim, süß für die Seele und heilsam für das Gebein.“ (Schlachter, Sprüche 16,24)

 

♥-lichst Sandra

5 Gedanken zu „“Old school” im Briefkasten

  1. Ich finde Karten und Briefe bekommen auch sehr schön. Hin und wieder verschicke ich auch sehr gerne eine Karte. Ich finde es kommt viel persönlicher als nur so eine WhatsApp- Nachricht.

    LG Jasmin

  2. Ich habe viele Jahre lang Brieffreundschaften gepflegt und mich immer riesig gefreut, wenn mal wieder ein Brief oder eine Postkarte von den Leuten im Briefkasten lag! Eine Zeitlang hatte ich auch bei Postcrossing teilgenommen, falls dir das was sagt! Irgendwann wollte ich das auch nochmal ausprobieren! War ganz witzig!

    Die Kartensegen finde ich eine wundervolle Idee! Und es ist alles andere als out!

    Liebe Grüße
    Jana

  3. Hallo Sandra!
    Was für eine tolle Idee! Ich denke, an Postkarten oder Briefen erkennt man, dass der Text sorgsam und nicht unter Zeitdruck entstand. Man sucht extra ein passendes Kartenmotiv, man wählt die Schriftfarbe, den Stift und den Text. Das macht diese Art der Mitteilung vielleicht aufwändiger, aber auch liebevoller und wertvoller. Und die Überraschung ist nochmal ein Bonus!
    Ganz liebe Grüße und danke für die Inspiration!
    Sharela K.

  4. Das ist eine schöne Idee, die guten alten Postkarten nicht aus dem Blick zu verlieren. Und auch darüber zu schreiben.
    Habe auch noch vier hier liegen. Vor einer Weile mal ganz bewusst ausgewählt in unser christlichen Buchhandlung. Für unsere Kids.

    Muss ich mich bald mal dransetzen! Hast mich jetzt motiviert, liebe Sandra! 🙂

  5. Ich freue mich immer sehr, wenn ich aus dem Urlaub eine Postkarte bekomme. Selbst denke ich leider viel zu selten daran… Muss ich aber unbedingt wieder einführen.

    Liebste Grüße,
    Carmen <3

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