Mein “Dornbusch”

Mein “Dornbusch”

Kürzlich schrieb ich davon, wie ich hier und da schonmal durch Begebenheiten aufgeschreckt werde und mich quasi aus dem Nichts mit etwas aus der Vergangenheit auseinander setzen muss. Nach dem großen “Supergau” (wie ich ihn immer nenne) im letzten Jahr, ist mir das in diesem Jahr zwei Mal geschehen. Vom ersten Mal erzählte ich euch im Artikel Sicher und geborgen. Dank meiner Seelsorge-Tools und Erkenntnisse bekomme ich das mittlerweile immer gut sortiert und verarbeitet und kann letzten Endes einen großen Gewinn daraus ziehen.

Nur diesmal lief es nicht ganz so geschmeidig.

Es kam eins zum anderen. Die Woche drauf bekam ich mehrere unangenehme Nachrichten bezüglich meiner Gesundheit. Man hat da etwas entdeckt, das müsse man jetzt im Auge behalten…. Ich war doch noch so angeschlagen von dem Seelenkraftakt  in der Woche davor. Und jetzt das! Schon wieder etwas Neues auf der Liste meiner Erkrankungen?!

Ich bekam Angst, richtig viel Angst.  Die Angst macht Tür und Tor für dicke fette Zweifel auf. Herzlich Willkommen, macht‘s euch gemütlich!  Plötzlich war da diese Leere in mir. Diese unglaubliche Leere! Hartnäckig pflätzte sie sich in mein Herz, rückte allenfalls ein Stückchen zu Seite um immer wieder mal der Angst etwas Platz zu machen. Diese alte vertraute Krankenhausangst, die mir wohl schon in die Wiege (äh ins Krankenbett) gelegt wurde.

Vor der Tür standen Hoffnung und Zuversicht und klingelten!

Ich wollte so gerne, sie sollten doch reinkommen, nur… ich war wie gelähmt, konnte ihnen einfach nicht die Türe öffnen. Ich bin müde, ich sehne mich nach Ruhe… Morgens quälte ich mich aus dem Bett und brühte mir einen Latte Macchiato auf. Wo war denn die Freude hin? Der Latte schmeckte nach nichts, den Milchschaum schüttete ich weg. Ich schlich durchs Haus, mal eine Waschmaschine beladen, etwas einkaufen, eine Kleinigkeiten kochen. In meinem Kopf kreisten wenig ermutigende Gedanken. In all dem fühlte ich mich schuldig überhaupt so zu fühlen und zu denken.

Mein “Dornbusch”

Am späten Nachmittag traf man mich gelegentlich vorm Fernseher an. Einfach mal berieseln lassen. Mit dem Leben anderer beschäftigen, dann grübele ich auch nicht mehr so viel. Egal ob ich etwas Wäsche faltete, oder die OP von Meredeth Gray verfolgte, diese Schuld wich einfach nicht.

Das darfst du nicht, du lässt dich gehen!

Wolltest du nicht dein Ehrenamt ausbauen? Was ist mit deinem Blog und erst recht mit deinem Traum ein „Sommerzimmer-Buch“ herauszugeben. Hallo, es erledig sich nicht von selbst!

Ich weiß nicht wieviele Tage so vergingen. Einige waren es…. Einige dieser Tage, an denen ich so lebte und mich dafür verachtete. Doch mindestens einer verachtete mich die ganze Zeit nicht. Ihm teilte ich mit wie besorgt ich bin, sagte ihm wovor ich Angst habe und das ich einfach leer bin.

In diesen Wochen zog ich mich zurück, von Freunden, Bekannten, der Gemeinde…. Ich zog Grenzen, aus Angst nicht verstanden zu werden, weil ich „schon wieder“ etwas habe.

Nur Grenzen zu ziehen schützen mich meistens nicht, sie isolieren mich eher!

Nein, diese Weisheit ist leider nicht von mir. Ich hörte sie, als ich eine Folge „Grays Anatomy“ anschaute. Ja Gott kann durch einen Dornbusch sprechen oder aber auch durch eine Fernsehserie….

Mein „Dornbusch“ schreckte mich liebevoll auf.

Grenzen die isolieren statt zu schützen? Einen Tag später klingelte ich bei meiner Nachbarin und verbrachte zwei angenehme Stunden auf ihrer Terrasse. Und es war erstaunlich, denn trotz aller depressiven Gedanken und auch Zweifel die da in mir waren (zweifelte ich überhaupt an Jesus oder doch mehr an mir selbst??), erzählte ich ihr frank und frei von Jesus. Außerdem kontaktierte ich eine alte Freundin und hatte auch mit ihr ein schönes Gespräch. Ich öffnete wieder ein Stück weit meine Grenzen.

Das war aber nur der erste Schritt! Eine weitere Erkenntnis war mindestens genauso wichtig. Barmherzigkeit! „Sandra sei barmherziger zu dir!“ sprach Jesus mir zu. „Bist du durch das Grübeln, das Verurteilen von dir selbst nur ein Quentchen glücklicher geworden?“, fragt mich Jesus. Oder wie es in der Bibel steht:

„Wer aber unter euch kann mit Sorgen seiner Lebenslänge eine Elle zusetzen?“ (Matth. 6,17)

Ja das Grübeln, das Verurteilen von einem Selbst, das sind doch alles irgendwie Sorgen, die ich mir mache. Sorgen, das Gott mich vergessen hat, Sorgen das er mich für meiner Erschöpfung verurteilt, Sorgen das es ihm nicht reicht, was ich gerade tue oder eben lasse. So soll Jesus sein? NEIN!

Seid einigen Wochen übe ich mich jetzt in einer anderen Disziplin. Ich lerne gerade zum einen einfach anzunehmen das ich jetzt gerade mal mehr Ruhe brauche. Ich darf mir auch mal eine Auszeit gönnen!

„Dann ist das jetzt so!“

Das ist doch schließlich die Lebensweisheit, die ich sonst gerne zitiere. Ich darf im Haushalt auch einfach nur mal das Nächstliegende tun, darf auch mal die 1000ste Wiederholung von „Grays“ gucken und entspannen. Ich muss nicht bis gestern ein perfektes Ehrenamt aufgebaut oder ein Buch geschrieben haben. Ich bin jetzt nunmal gerade müde und angespannt durch die kommenden und auch vergangenen Untersuchungen und Krankenzeiten. Wem hilft das, wenn ich mich dafür auch noch verurteile?

„Alles hat seine Zeit“ oder auch wie ich in der Seelsorgeausbildung lerne „Alles darf erstmal sein!“ Auf dieser Grundlage kann sich das selbst gemachte schlechte Gewissen zurückziehen und den Blick auf die vielen wunderbaren Kleinigkeiten freigeben, die sich am Tag ereignen.

Wunderbar – ein gemütliches Frühstück auf meiner “Amerika-Veranda”

Ich gebe zu, ich „übe“ mich im wahrsten Sinne des Wortes darin. Es ist ein Prozess – ein Weg den ich gehe und auf dem ich wieder viel lernen darf.

Gott verdammt mich nicht, steht nicht mit erhobenen Zeigefinger neben mir, jederzeit bereit mit Selbigen den wörtlichen und sprichwörtlichen Aus-Knopf meiner Fernbedienung zu drücken. Er weiß doch wie ich ticke. Ich bin auch oder gerade wenn es mir so geht eine Suchende, möchte eine intensive Begegnung mit Jesus, möchte ein sinnerfülltes Leben. Und das sage ich ihm. Und dann sehe ich immer wieder neu im augenscheinlichen Kleinklein des Alltags Gottes Wirken. Selbst ein Tag an dem ich “nur” (allein das Wort „nur“!!!!) den Wäschekorb leere, den Kühlschrank fülle, mit dem Hund laufe und mich ansonsten gemütlich auf meine Veranda oder das Sofa setze ist wertvoll. Und noch wichtiger:

Ich bin wertvoll, im Haushalt wuselnd, auf der Veranda entspannend oder auf dem Sofa sitzend mit der Fernbedienung in der Hand.

♥-lichst, Sandra

3 Gedanken zu „Mein “Dornbusch”

  1. Ich finde, man sollte fürs seelische Wohlbefinden auch manchmal den Haushalt Haushalt sein lassen! Klar gibt es dort immer was, was man noch tun könnte bzw. nur mit schlechtem Gewissen auf morgen verschiebt, aber einfach mal die Beine hochlegen ist genauso wichtig! Ein gutes Buch, eine tolle Serie … das ist auch für mich eine Wohltat!

    Liebe Grüße
    Jana

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